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Die Schifffahrt zeigt Zeichen der Erholung

28.4.2010 | faz.net

Deutliche Zeichen der Erholung machen Analysten in der Frachtschifffahrt aus. Vor allem bei Containerschiffen geht es aufwärts. Doch noch sollten Anleger vorsichtig agieren.

von Martin Hock

 

Als die Weltwirtschaft boomte und Transportkapazitäten auf den Weltmeeren knapp waren, liefen die Werften auf Hochtouren. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise traf es kaum eine Branche so hart wie die Schifffahrt und mit ihr all die Anleger, die in die falschen Schifffonds investiert hatten - und das waren nicht wenige.

135 Fondsschiffe waren im November 2009 ohne Charter, dem Jahr in dem die Exporte weltweit um mehr als 10 Prozent zurückgingen. Dementsprechend sank die Zahl der Schifffonds stark ab. Entfielen im ersten Quartal 2009 noch 32 Prozent oder 408 Millionen Euro des Volumens neuer geschlossener Fonds Schifffonds, so waren es im ersten Quartal des laufenden Jahres noch 7 Prozent oder 87,5 Millionen Euro. Statt neuer Schiffe boten die Gesellschaften hauptsächlich Fonds zum Kauf von Gebrauchtschiffen, Gelegenheiten und leere Vehikel feil, schreibt das Analysehaus für Schiffsbeteiligungen Deutsche Fondsresearch (DFR).

 

Langsame Fahrt sorgt für mehr Dampf bei Containerschiffen

 

Doch mittlerweile verzeichnen DFR und die Fonds-Rating-Agentur Feri Euro-Rating deutliche Erholungszeichen. Um rund 40 Prozent sei die Zahl der Auflieger über alle Schiffstypen seit November zurückgegangen.

Erholt hat sich nicht zuletzt die arg gebeutelte Containerschifffahrt. Zum einen sei das Preisniveau bei Charterneuabschlüssen deutlich gestiegen, vor allem für große Schiffe. Beispielsweise kletterten die Raten für Containerschiffe mit mehr als 4400 Standardcontainern um 54 Prozent über ihren historischen Tiefstand. Neue Abschlüsse mit mehrjährigen Laufzeiten machen den Analysten Hoffnung, dass die Reedereien mittelfristig mit einer Markterholung rechnen.

Mit zur Erholung beigetragen hat auch die künstliche Angebotsverknappung durch langsame Fahrt bei etwa 15 Knoten (“Extra Slow Steaming“), das zudem Kosteneinsparungen gebracht hat. Allerdings sind die Antriebssysteme der Schiffe für ein dauerhaftes „Slow Steaming“ nicht ausgelegt, was auf Dauer technische Anpassungen erforderlich mache. Doch noch immer sind knapp 9 Prozent der weltweiten Containerflotte ohne Beschäftigung.

Uneindeutig ist die längerfristige Entwicklung. Das liegt vor allem an unterschiedlichen Prognosen für das Flottenwachstum. Während dieses laut dem Informationssystem AXS-Alphaliner im laufenden und kommenden Jahr mehr als 9 Prozent betragen soll, beziffert sie die Marktforscher von Clarkson auf nur wenig mehr als 5 Prozent. Da Clarkson mit einem Nachfrageanstieg von 8 bzw. 10 Prozent gerechnet wird, ergeben sich stark unterschiedliche Aussichten. Zumal auch dioe Nachfrageprognosen unterschiedlich sind: die Reederei Maersk etwa geht laut dem Emissionshaus Maritim Equity von einem jährlichen Umschlagswachstum von 15 Prozent bis 2015 aus.

 

Tankern und Schüttgut-Frachter drohen Überkapazitäten

 

Ganz anders die Verhältnisse auf dem Markt für Schüttgutfrachter und Tanker. Diesem derzeit vollbeschäftigten Markt könnte, wie es scheint, der drastische Aufbau von Überkapazitäten bevorstehen. Bis zum Ende des Jahres könnte die Schüttgut-Flottenkapazität um heftige 12 Prozent steigen, so DFR. 2011 und 2012 steht ebenfalls ein hoher Tonnagezuwachs zu erwarten, während die Nachfrage 2010 wohl lediglich um 7 Prozent steigen werde. Eine ähnliche Diskrepanz zeigt sich bei Produktentankern. Nur die Rohöltankerflotte könnte bis Ende 2010 aufgrund fortschreitender Abwrackung sogar leicht sinken.

Während also die besten Zeiten hier vorbei zu sein scheinen, scheint sich der Markt für Containerschifffonds gar zu verbessern. DFR sieht für die jüngsten Fonds derzeit gute Chancen, von der sich abzeichnenden Markterholung zu profitieren. DFas Emissionshaus Maritim Equity geht sogar noch einen Schritt weiter: Die „Schnäppchenzeit“ gehe zu Ende. Es gebe erste Bietergefechte, so dass einige Reeder sogar wieder über Neubestellungen nachdächten, so Geschäftsführer Werner Großekämper.

 

Erholung scheint sich abzuzeichnen

 

Im ersten Quartal ist mehr als doppelt soviel Containerschiffkapazität verkauft worden wie im Vorquartal und drei Viertel der gesamten verkauften Kapazität des Vorjahres. Großekämper sieht vor allem in der starken Aktivität griechischer Reeder ein Indiz für eine Erholung. „Die griechischen Reeder sind bekannt für ihr kurzfristiges Asset Play - kaufe billig, verkaufe teuer. Sie wissen, dass Containerschiffe noch nie so günstig waren und spekulieren auf steigende Preise.“

Dennoch scheint alles in allem nur für risikobereite Anleger jetzt der Einstieg in den Schifffahrtmarkt opportun. Während die längerfristigen Aussichten für Tanker und Schüttgut-Schiffe eher schwächer sind, erscheinen die Aussichten für Containerschiffe derzeit noch unsicher. Die Zeichen für die chinesische Konjunkturpolitik könnten auf Dämpfung stehen, währen die Widerauffüllung der Lager anderswo in der Welt dem Ende zugehen könnte.

Kurzfristig scheinen daher opportunistisch agierende und flexible Fonds ohne festen Anlagegegenstand im Vorteil zu sein, während die Gelegenheiten für Gebrauchtschifffonds eher abzunehmen scheinen.

Bei Neuemissionen scheint zudem noch ein weiteres Fragezeichen hinzuzukommen. Zwar konnten viele noch im Vorjahr akut gefährdete Emissionshäuser eine Umschuldung erreichen. Doch laut DFR ist nicht auszuschließen, dass diese in einer Erholungsphase durch Altlasten weniger wettbewerbsfähig sein könnten. Dann könnten die Gläubiger am Ende doch noch aussteigen.

 

Quelle: www.faz.net, 28.04.2010. Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv. www.faz-archiv.de