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Gute Chancen bei geschlossenen Fonds ohne festen Anlagezweck

3.4.2009 | BÖRSEN-ZEITUNG

Blind Pools bieten in Rezession interessante Einstiegsmöglichkeit – Zweitmarkt erweitert
Anlagespektrum – Aber Investitionsziele bei Einzahlung noch unbekannt

 

Die Finanzkrise hat auch die geschlossenen Fonds erreicht, aber bei den Anlegern bei weitem nicht zu den hohen Verlusten geführt, wie sie bei Aktien, Zertifikaten oder Investmentfonds angefallen sind. Dennoch meiden die Anleger heute Dachfondskonstruktionen und Zertifikatestrukturen, weil diese oft als Blind Pools konzipiert sind. Bei diesem Konzept investiert der Anleger in geschlossene Fonds, weiß jedoch zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht, in welche Investitionsobjekte genau sein Geld fließen wird. Auswahlkriterien, nach denen das Fondsmanagement die Investitionsobjekte ankauft, sind jedoch meist umschrieben. "Die Finanzkrise wurde nicht zuletzt auch durch die ständig gestiegene Komplexität von Finanzprodukten ausgelöst. Mittlerweile ist bei Anlegern ein gesundes Misstrauen in zu komplexe Strukturen bei Beteiligungsprodukten zurückgekehrt," meint Friedrich Wilhelm Patt, Sprecher der Geschäftsführung von Hannover Leasing. "Produktklarheit und Einfachheit werden zu entscheidenden Investitionskriterien." Dazu passen Blind-Pool-Konzepte eigentlich nicht.

 

Sinkende Preise
Aber in einer Phase, da die Preise für Immobilien und Schiffe sowie für Unternehmensbeteiligungen aufgrund der Rezession fallen, hat der Blind Pool durchaus seinen Charme. Denn er bietet heute den Anlegern die Möglichkeit zu einem günstigen Einkauf. Ein typischer Blind Pool ist der Private-Equity-Fonds. Dieser sammelt zuerst das Geld der Anleger ein, um es anschließend entsprechend den Investitionskriterien anzulegen. Die Preise für nicht börsennotierte Unternehmensbeteiligungen werden derzeit nach unten korrigiert. Dabei folgen sie der Preisentwicklung für börsennotierte Unternehmensbeteiligungen, wenn auch die Anpassung mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung erfolgt. Ein Private-Equity-Fonds, der als reinrassiger Blind Pool konzipiert ist, kann also wahrscheinlich in den nächsten Jahren günstige Einstiegschancen nutzen. Reine Blind Pools sind die Produkte von RWB, dem Marktführer bei Private-Equity-Publikumsfonds, der BVT und der KGAL. Diese investieren zunächst sukzessive mit den hereinkommenden Geldern der Anleger. Sie leisten ihre Einzahlungen jedoch nicht in vollem Umfang unmittelbar nach der Zeichnung, sondern schrittweise. Üblicherweise wird das Geld der Anleger in zwei oder drei Tranchen abgerufen. Insgesamt dauert die Investitionsphase bei den echten Blind-Pool-Private-Equity-Fonds zwei bis fünf Jahre. Diese verzögerte Investition ist in der jetzigen Phase fallender Preise für Unternehmensbeteiligungen ein Vorteil.

 

Größerer Spielraum
Zudem hat sich aufgrund der Finanzkrise das Anlagespektrum ausgeweitet. Das Stichwort lautet Secondaries. Weil viele institutionelle Anleger keinen Spielraum mehr für Neuinvestitionen haben und ihre Allokationsgrenzen erreicht haben oder einfach Liquidität benötigen, sind sie gezwungen, Teile ihrer Private- Equity-Portfolios zu verkaufen. Diese können von Investoren, die über die entsprechende Liquidität verfügen, mit Abschlägen am Zweitmarkt als sogenannte Secondaries erworben werden. Die Fondsmanager beobachten derzeit den Zweitmarkt. Nach Schließung des BVT CAM PE Global Fund VI im Mai will BVT sogar, wie RWB das schon getan hat, einen eigenenSecondary-Dachfonds auflegen. "Auch der Global Fund VI wird in Secondaries investieren", sagte BVTGeschäftsführer Robert List.

 

Vorauswahl der Objekte
Nicht alle Private-Equity-Fonds sind konsequent als Blind Pool konzipiert.
Im Frühjahr 2005 brachte Nordcapital den ersten Private-Equity-
Fonds mit einer Vorauswahl der Zielfonds auf den Markt, kurze Zeit
später folgte MPC. Bei diesen Private-Equity-Fonds werden die Zielfonds vor der Platzierung des Dachfonds identifiziert und eingekauft. Diesem Konzept folgen die aktuellen Produkte von Nordcapital und MPC, teilweise auch von König&Cie. Der Anleger muss also keine Katze im Sack kaufen, er weiß, in welche Zielfonds er investiert. Die Anhänger des reinrassigen Blind-Pool-Fonds halten dem entgegen, dass dieses Wissen dem privaten Anleger wenig nutze, weil er die Qualität der Zielfondsmanager ohnehin nicht einschätzen könne. In der augenblicklichen Situation könnte es sich eher als Nachteil erweisen, dass die Investitionen bereits getätigt sind, weil in den nächsten Monaten vermutlich billiger eingekauft werden kann und die Beimischung von Secondaries zusätzliche Renditefantasie bietet. Typische Blind-Pool-Fonds sind neben Private-Equity-Fonds die Infrastrukturfonds. Aber in den letzten Jahren sind auch verstärkt Immobilienfonds mit diesem Konzept aufgelegt worden. Um den steigenden Preisen für Bestandsimmobilien auszuweichen, investierten vor allem einige US-Immobilienfonds in die Errichtung neuer Gebäude und in die Revitalisierung von Sanierungsobjekten. Diese Opportunity-Fonds waren als Blind Pool konzipiert, weil die Investitionsobjekte bei der Auflegung des Dachfonds meist nicht in allen Einzelheiten bekannt waren.

 

Auf Schnäppchenjagd

Die Finanzkrise hat diese Pläne durchkreuzt, wie die Schwierigkeiten des US-Treuhandfonds Victory Park zeigen, bei dem der Garant der Ausschüttungen und Manager der Projektentwicklung (Hillwood) seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt. Auch der Projektentwicklungsfonds Co-Invest 4 von Jamestown, der zuvor mit zahlreichen Bestandsimmobilienfonds hervorragende Renditen für die Anleger erwirtschaftete, wird hinter den Prognosen zurückbleiben. Sehr wohl fühlt sich aber der Initiator mit dem derzeit in der Platzierung befindlichen Opportunity-Fonds Co-Invest 5, der noch keinen Dollar investiert hat und auf einer Liquidität von 300 Mill. Dollar sitzt, mit der er auf Schnäppchenjagd gehen will. Auch die 2007 und 2008 verstärkt aufgelegten Asienfonds sind meist Blind Pools. Weil in einigen asiatischen Ländern (zum Beispiel Indien) Ausländern der Erwerb von Bestandsimmobilien untersagt ist, bleibt Anlegern nichts anderes übrig, als in Projektentwicklungen zu investieren. Diese Fonds weisen aber ein anderes Chance-Risiko-Profil als erstklassige, sogenannte Core-Immobilien auf, die aufgrund langfristiger Mietverträge sichere Ausschüttungen prognostizieren können. Das Risiko liegt nicht so sehr im Blind- PoolCharakter, sondern in der Unsicherheit über den späteren Verkaufserlös der im Rahmen von Projektentwicklungen fertiggestellten Objekte.

 

Neues Konzept
Eine neue Entwicklung, die durch die Finanzkrise ausgelöst wurde, ist der Blind Pool bei Schiffen. Beim herkömmlichen Schiffsfonds steht das Investitionsgut, ein ganz bestimmtes Containerschiff oder ein Bulker, fest, wenn der Fonds aufgelegt wird. Anders nun das Konzept von Maritim Equity. "Wir investieren erst, wenn das Eigenkapital eingezahlt ist. Dadurch kaufen wir zu Marktpreisen und kalkulieren mit aktuellen Werten", sagt Werner Großekämper, Geschäftsführer von Maritim Equity. Sein Unternehmen hat im Herbst den ersten Schiffsfonds als Blind Pool auf den Markt gebracht. Mit ähnlichen Konzepten folgten inzwischen Ownership, OPS und König&Cie. sowie Hesse Newman, die ihren Fonds von Maritim Equity managen lassen. Die Idee ist bestechend: Die herkömmlichen Schiffsfonds haben ihre Schiffe in den beiden letzten Jahren zu Höchstpreisen angeschafft. Die Marktpreise, zu denen Maritim Equity hofft kaufen zu können, sind inzwischen auf das niedrigste Niveau seit 2002 gefallen. Der Blind Pool ist gerade in der jetzigen Phase der Verunsicherung bei Vermittlern und Anlegern nicht beliebt. Aber er bietet die Chance, von der Preiskorrektur nach unten in allen Assetklassen zu profitieren. Und der Gewinn liegt bekanntlich im Einkauf.

 

 Dr. Leo Fischer