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Schnäppchenjagd als Anlagealternative

31.7.2009 | FINANZWELT

Die Seeschifffahrt ist nach Jahren des Booms in schwierige Fahrwasser geraten. Neue Fondskonzepte setzen auf günstige Preise für Schiffe. Aber noch haben sich die Erwartungen der Initiatoren nicht erfüllt.

 

Auch ohne Abwrackprämie werden Seeschiffe verschrottet – den Gesetzen des Marktes gehorchend. Während in den Boomjahren mit hohen Charter- und Frachtraten das Interesse an der Abwrackung alter Schiffe gering war, werden nun verstärkt Schiffe verschrottet. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden bereits 62 Containerschiffe zum Schrottplatz geschickt und Kapazitäten von 106.000 TEU (TEU=Twenty-foot-Equivalent-Unit, ein Standardcontainer von 20 Fuß oder 6,1 Meter Länge) endgültig stillgelegt.

 

Doch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Schon jetzt liegen 500 Containerschiffe auf Reede. Gleichzeitig wird die weltweite Containerschiffsflotte von derzeit 4.671 Schiffen mit einer Kapazität von 12,4 Mio. TEU um 13 % wachsen, weil die in den Boomzeiten georderten Neubauten abgeliefert werden. „Die Reeder müssen in großem Umfang Neubauaufträge stornieren“, fordert Prof. Dr. Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik. „Die Orderpipeline ist sicher eins der größten Probleme der Branche, allerdings weltweit“ meint Dr. Torsten Teichert, Vorstandsvorsitzender Lloyd Fonds AG.

 

Die Frachtraten in der Containerschifffahrt, einst Aushängeschild der deutschen Schiffsfonds, sind im Keller. Auf der Route Europa-Asien erhalten die Reeder heute nur 300 Dollar, im Herbst 2007 waren es 2.000 Dollar. Aber es gibt auch Lichtblicke. Der Baltic Dry Index, der die Raten für Trockenfrachten (Kohle, Erz, Getreide) widerspiegelt, konnte sich nach einem Rückgang um 95 % nach dem Rekordhoch von 11.800 auf über 4.000 (vor allem durch die Rohstoffnachfrage Chinas) erholen. Im zweiten Quartal gerieten allerdings die bis dahin recht stabilen Tankerraten unter Druck.

 

Opportunityfonds!? Vor dem Hintergrund der schwierigen Situation in der Seeschifffahrt ist es verständlich, dass der Absatz von herkömmlichen Schiffsfonds eingebrochen ist. Zahlreiche Initiatoren setzen in dieser Situation auf Opportunityfonds, die antizyklisch investieren und von fallenden Preisen profitieren wollen. Mit reißerischen Fondsbezeichnungen wird um die Anleger gebuhlt. „Marktchance“, „Krisengewinner“ oder „Schnäppchenfonds“ sollen die Anleger aus der Reserve locken. Bislang allerdings vergeblich. Thomas Böcher, Geschäftsführer der Paribus Capital GmbH, die einen ähnlichen Fonds fertig konzipiert hat: „Wir wollen noch warten, da wir nicht einschätzen können, ob der Markt derzeit bereit ist, in solche Fonds zu investieren.“ Ähnlich sieht das Ralf Soboll, Geschäftsführer des auf kleine Schiffe spezialisierten Emissionshauses Castor Capital: „Ich habe auch mit dem Gedanken gespielt, einen Fonds aufzulegen, der von sinkenden Schiffspreisen profitiert, aber ich bin unsicher, ob wir einen solchen Blind Pool Fonds platzieren können.“ Das ist der Punkt: Ein solcher Fonds muss dem Blind Pool Konzept folgen. Der Anleger muss zeichnen, ohne zu wissen, in welche Schiffe investiert wird. Diesem Konzept stehen Anleger und Vermittler heute sehr skeptisch gegenüber.

 

Hinzu kommt: Trotz aller Krisenerscheinungen ist der Preisverfall, auf den diese Fonds expressis verbis setzen, noch nicht sichtbar geworden. Weil es kaum Transaktionen gibt, verzichtet der Londoner Schiffsbroker Clarkson seit Oktober 2008 auf die Veröffentlichung von Second-Hand-Preisen. Und auch für Schiffsneubauten gibt es keine wirklich verlässlichen Preisindikatoren. „Seit Oktober 2008 wurde kein Schiff mehr neu bestellt“, erklärt Lemper. Hans-Jürgen Kaiser-Blum, geschäftsführender Gesellschafter der OPS Ocean Partners Shipping, schätzt indes, dass sich die Second-Hand-Preise für Containerschiffe auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang 2002 befinden und meint: „Kurzfristig ist ein weiterer Rückgang zu erwarten, wenn es zu so genannten firesales kommt.“

 

Erstmals in diesem Zyklus ist Maritim Equity mit einem Fonds auf den Markt gekommen, der zuerst das Geld einsammelt und dann zusammen mit Reedern in Schiffe investiert. Der Fonds Maritim Equity wurde Ende 2007 aufgelegt, als die Welt noch weitgehend in Ordnung schien, und Ende 2008 mit einem Kommanditkapital von 28 Mio. Euro ausplatziert, als die Finanzkrise die Seeschifffahrt voll gepackt hatte. Erst eine Investition wurde im Oktober 2008 in den damals noch prosperierenden Bulkermarkt getätigt. „Ansonsten haben wir unser Pulver trocken gehalten und können Kaufgelegenheiten wahrnehmen", meint Geschäftsführer Dr. Werner Großekämper. Bereits den zweiten Einkauf meldet der „Schnäppchenfonds“ von der Oltmann Gruppe. Nachdem sich der Fonds mit 500.000 Euro an der MS „BCC Gdansk", einem Multipurpose-Schiff beteiligt hat, das für einen russischen Reeder bestimmt war, hat die Gruppe nun eine Beteiligung an einem 1.700 TEU-Schiff von der insolventen WADAN Werft erworben. Der Kaufpreis des Containerschiffs gilt unter Experten als sehr günstig. „Über die Reederei Briese nutzt die Gruppe das maritime Netzwerk, um an interessante Gelegenheiten zu kommen“, erläutert André Tonn, Geschäftsführer der Oltmann Gruppe. Und das Unternehmen selbst hat einen sehr guten Zugang zu schiffserfahrenen Investoren. „Seit 2000 hat die Oltmann Gruppe bereits fünf ähnlich konzipierte Schiffshandelsfonds erfolgreich abgeschlossen“, erklärt Tonn.

 

Die größte Manövriermasse hat indes ein Initiator, der zunächst unbeabsichtigt unter den Schnäppchenjägern gelandet ist. Doric hatte 50 Mio. Dollar für zwei herkömmliche Schiffsfonds, die MS Java und die MS Borneo, eingesammelt, als sich herausstellte, dass die Werft die Bulker wegen Schwierigkeiten mit der Vorfinanzierung nicht liefern konnte. „Die Gesellschafter haben inzwischen eine Änderung des Gesellschaftsvertrags beschlossen und mit großer Mehrheit Zustimmung zur ‚Jagd nach Alternativinvestments‘ gegeben“, erläutert Bernd Reber, Geschäftsführer der Doric Asset Management. „Somit sind die beiden Fonds eigentlich voll platzierte Opportunitätsfonds.“ Zu Käufen ist es noch nicht gekommen, ins Auge gefasste Deals scheiterten bisher in der Prüfphase.

 

Im Einkauf liegt der Segen, das ist der Leitspruch der neuen Fondskonzepte. Doch die Schnäppchen sind offenbar nicht so leicht zu finden.

 

Dr. Leo Fischer