DE / EN

Der verborgene Charme des Blind Pool

30.3.2009 | FINANZWELT

Weil die Banken mit neuen Krediten knauserig sind, legen einige Schiffsfondsinitiatoren reine Eigenkapitalfonds auf. Diese sind Blind Pools und profitieren so von fallenden Assetpreisen.

 

Schlechte Nachrichten beherrschen derzeit die Szene. Die guten Nachrichten, die es durchaus gibt, werden ignoriert. Auf ihrer Internetseite musste Hansa Treuhand mitteilen, dass der Fonds MS Chopin aus dem Markt genommen wurde. Aber Nordcapital konnte zwei Offshore Fonds jeweils in nur vier Wochen platzieren und hat gerade den Offshore Fonds 4 aufgelegt. Für großes Aufatmen hätte eine andere Meldung auf der Webseite von Hansa Treuhand sorgen müssen: Die deutschen Reeder haben seit Anfang 2009 wieder mehr als 500 Handelsschiffe unter deutscher Flagge im internationalen Seeverkehr im Einsatz. Dazu hatten sich die deutschen Reeder auf der Nationalen Maritimen Konferenz 2006 gegenüber der Bundesregierung verpflichtet, nachdem diese eine Garantie für die wesentlichen Rahmenbedingungen des deutschen Schifffahrtsstandorts ausgesprochen hatte. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört auch die Tonnagesteuer, die von Kritikern – nicht nur in der Finanzverwaltung – immer wieder in Frage gestellt wird. Unter der Tonnage steuer sind lediglich 0,2 bis 0,3 % der Ausschüttungen steuerpflichtig.

 

Ansonsten war 2008 ein schlimmes Jahr für die Seeschifffahrt.

„Die Charterraten für Containerschiffe sind in der zweiten Jahreshälfte 2008 in einem bisher nicht gekannten Maße zurückgegangen“, lautet das Fazit des unabhängigen Schifffahrtsexperten- und -analysten Michael Niefünd in der vom Fondshaus Hamburg herausgegebenen Marktstudie. „Gewiss wächst der Containerverkehr nur noch mit angezogener Handbremse“, meint Marc Drießen, Vorstand der Hesse Newman Capital AG. „Aber: Er wächst!“ Das sollte in der Tat nicht übersehen werden. Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) ermittelte für 2008 einen Anstieg des globalen Containerverkehrs um rund 7 % und prognostiziert für das laufende Jahr ein Plus von rund 4 %. „Die Containerschifffahrt bleibt auch zukünftig der am dynamischsten wachsende Hauptschifffahrtsmarkt“, schreibt Professor Dr. Burkhard Lemper vom ISL in einer im Januar 2009 für DCM erstellten Studie. Zum Bulkermarkt 2008 meint Analyst Niefünd: „Dieser war geprägt von den krassesten Gegensätzen, die in diesem Segment je zu beobachten waren.“ Die Jahres charterraten verloren nach einem nie vorher registrierten Rekordhoch im Juni rund 90 %. Der Grund lag aber nicht in fehlender Nachfrage nach Transportleistungen, sondern in der Weigerung der Banken, die Finanzierungen zur Verfügung zu stellen.

 

Allerdings sind erste Zeichen einer Besserung festzustellen:

Der Baltic Dry Index (BDI), der an der Baltic Exchange in London notiert wird und die Entwicklung der Bulker-Frachtraten (vor allem für Kohle, Eisenerz und Getreide) auf den großen Seerouten wiedergibt, konnte sich von weniger als 700 (Anfang Dezember 2008)auf ein Zwischenhoch von 2.167 Punkten erholen. Der BDI gilt auch als Konjunkturfrühindikator. „Ein wahrer Lichtblick am Markt bietet die Tankschifffahrt“, meint Hesse-Newman Vorstand Drießen. Das größte Segment – ein Drittel der Handelsflotte – zeigte sich unbeeindruckt von Banken- und Finanzkrise. „Dieses Segment hat die Krise bislang weitgehend ohne Schäden überstanden“, meint auch Analyst Niefünd. Weil die erdölexportierenden Länder ihre Raffineriekapazitäten massiv ausbauen, um von Beginn an von der Wertschöpfung bei der Weiterverarbeitung von Öl stärker zu profitieren, geht man für den Produktenhandel zur See von einem erwarteten Wachstum von 5 % pro Jahr bis 2015 aus. Nutznießer dieser Entwicklung sind die Chemikalientanker, aber auch die LPGFlüssiggastanker (LPG=Liquefied Petroleum Gas), die auch Liquefied Ethylene Gas (LEG) transportieren, die wichtigste Grundchemikalie der Petrochemie. Zu dieser Kategorie gehört der MT „GasChem Nordsee"-Fonds von Hansa Hamburg. „Es gibt sie immer noch, die Perlen im Markt!“, so begeistert sich Michael Rathmann, der Chef von Mira-Anlagen (mit nachgewiesen erfolgreicher Empfehlungsbilanz) für den Produktentanker-Fonds V von König & Cie., zwei moderne Doppelhüllen Produkten- und Chemikalientanker- Neubauten der Handysize-Klasse, die bereits seit 2008 in Fahrt sind. Es handelt sich um Schiffe, die sowohl Rohöl als auch Ölprodukte transportieren können, also flexibel einsetzbar sind.

 

Der Einbruch der Charterraten insbesondere bei Bulkern aber auch bei Containerschiffen im Herbst letzten Jahres ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Banken sich gegenseitig misstrauten und das für den Welthandel unabdingbare Akkreditivgeschäft eingestellt haben. „Die Banken sind nicht nur Verursacher der Probleme in der Seeschifffahrt, sondern Haupthindernis für eine Lösung“, meint ein Initiator, der aber nicht namentlich genannt werden möchte. Vor diesem Hintergrund greifen einige Emissionshäuser zu neuen Fonds typen, die fast ausschließlich mit Eigenkapital arbeiten und als Blind Pools konzipiert sind, weil erst investiert wird, wenn das Anlegergeld vorhanden ist. Diesen Fondstyp hat Maritim Equity entwickelt, derzeit wird der Maritim Equity III angeboten, nachdem der Maritim Equity I im Dezember 2008 ausplatziert wurde. Das Konzept gefiel Hesse Newman so gut, dass der Initiator auch einen solchen Fonds auflegte, der von Maritim Equity gemanagt wird. Dieser – eigentlich als Maritim Equity II geplant – erscheint aber unter dem Label von Hesse Newman. „Mit einem solchen Konzept profitiert der Anleger von fallenden Preisen für Schiffe“, erläutert Werner Großekämper, Geschäftsführer von Maritim Equity. Der OPS Ocean Partners Ship 1, der in neuwertige Second-Hand- Schiffe inves tiert, verfolgt ein ähnliches Konzept: „Erst wenn das Eigenkapital vorhanden ist, werden die Schiffe gekauft“, erläutert Hans-Jürgen Kaiser-Blum, geschäftsführender Gesellschafter von Ocean Partners Shipping. In allen diesen Fällen wird zum aktuellen, niedrigeren Marktpreis gekauft – aber dazu ist das ungeliebte Blind Pool-Konzept notwendig.

 

Dr. Leo Fischer